Vorhofflimmern behandeln - Schlaganfall und Herzschwäche vermeiden

In Ihrem Beruf haben die Kardiologen Prof. Dr. Rainer Zotz (Marienhaus Klinikum Eifel Bitburg) und Dr. Burkhard Hügl (Marienhaus Klinikum St. Elisabeth Neuwied) schon das ein oder andere Leben gerettet. Mit dem Skalpell, aber auch außerhalb des OPs, wo Sie mit Worten aufzeigen wie das Risiko lebensbedrohlich zu erkranken signifikant minimiert werden kann. Prävention ist ein Thema, was dem Duo am Herzen liegt, weshalb sie die alljährlich im November stattfindende Aktion "Herzwochen" der Deutschen Herzstiftung gerne mit einem Beitrag zum Thema Vorhofflimmern unterstützt haben. 62 Interessierte folgten dem Vortrag, zu dem das Marienhaus Klinikum Eifel am 08. November ins Haus Beda eingeladen hatte. 

Mit 1,8 Millionen Betroffenen ist das Vorhofflimmern als häufigste Herzrhythmusstörung ein Volksleiden. Ein Leiden, das selbst nicht tödlich ist, aber unbehandelt lebensbedrohliche Komplikationen auslösen kann. „Schlaganfall und Herzschwäche“ erklärt Prof. Zotz „sind die Erkrankungen, die am häufigsten Hand in Hand mit dem Vorhofflimmern kommen“. 

Was sind die Risikofaktoren?30% der Deutschen sind alleine schon deshalb gefährdet, weil sie unter Bluthochdruck leiden. „Bluthochdruck ist ein wesentlicher Faktor für Vorhofflimmern“, so Prof. Zotz. Koronare Herzkrankheit, Herzschwäche, (Prä)Diabetes, Herzklappenerkrankungen, Entzündung, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung), Obstruktive Schlafapnoe, Gefäßerkrankungen sowie akute Erkrankungen und Operationen sind weitere Punkte auf der langen Liste der die Entstehung von Vorhofflimmern begünstigenden Faktoren. Aber auch der persönliche Lebensstil spielt eine Rolle. Es wird wohl kaum Jemand verwundern, dass Alkohol einmal mehr dann doch nicht konserviert, sondern durch den Konsum die Entstehung von Vorhofflimmern begünstigt wird. Weitere Risikogruppen sind Raucher und Übergewichtige. Körperliche Inaktivität begünstigt die Entstehung dieser Herzrhythmusstörung, aber auch exzessiver Sport. „Ein Leben im Extrem ist nicht empfehlenswert“, sagt Prof. Zotz. Zur Prävention rät er nicht zu rauchen, Übergewicht zu vermeiden, sich mediterran zu ernähren und Alkohol nur moderat zu genießen. Bewegung ist ein weiterer wichtiger Faktor, um die Gesundheit zu fördern und zu erhalten. Und das nicht nur in Hinblick auf unsere körperliche Verfassung. Auch die Psyche profitiert, was uns im Ganzen stärkt.

Was aber, wenn wir bereits betroffen sind? Was ist Vorhofflimmern und wie erkennen wir es?  Vorhofflimmern entsteht fast immer an den Einmündungen der Lungenvenen (Pulmonalvenen) in den linken Vorhof. Die Vorhöfe „schlagen“ so schnell (> 340 Erregungen/Minute), dass sie an der Pumparbeit des Herzens nicht mehr teilnehmen können. Der AV-Knoten filtert die Impulse, sodass eine ungeordnete chaotische Herzschlagfolge mit bis zu160 Schlägen/Minute oder mehr entsteht.

„Die chaotische Herzschlagfolge kann aber auch mit einer normalen Herzfrequenz einhergehen“, erklärt Prof. Zotz. Und das ist das Perfide. Es gibt asymptomatisches Vorhofflimmern ganz ohne die Betroffenen (vor)warnende Beschwerden. Wenn dies auch nicht die Regel ist. Herzklopfen, Schwitzen, Luftnot, Leistungseinschränkungen, Wassereinlagerungen (Ödeme), Schmerzen in der Brust, Gangunsicherheit, Schwindel und Angstzustände bis hin zu Todesangst sind typische Symptome bzw. Krankheitsgefühle, die bei Vorhofflimmern auftreten. Prof. Zotz bittet Jeden, dem diese Merkmale bekannt vorkommen um ärztliche Abklärung. Eine Untersuchung auf Vorhofflimmern mittels Pulsmessung oder EKG-Rhythmusstreifen bei Patienten im Alter von ≥ 65 Jahren, empfiehlt er generell. Ein systematisches EKG-Screening sollte erwogen werden, um Vorhofflimmern bei Personen im Alter von ≥ 75 Jahren oder bei Personen mit hohem Schlaganfallrisiko zu erkennen. Außerdem bittet Prof. Zotz Herzschrittmacher und implantierbare Defis regelmäßig auf Rhythmusstörungen, die mögliche Vorstufen des Vorhofflimmerns sein können, abzufragen.

Die Früherkennung von Vorhofflimmern ist wichtig, denn dadurch lassen sich gravierende und oft tödlich endende Folgeerkrankungen vermeiden.

Ist die ärztliche Diagnose erfolgt, kann gehandelt werden. Denn Vorhofflimmern ist behandelbar. „Der Einsatz von Gerinnungshemmern ist ein wichtiges therapeutisches Mittel in allen Fällen, in denen wir ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko bei Patienten feststellen. Bei Vorhofflimmern nehmen die Herzvorhöfe nicht mehr an der Pumparbeit des Herzens teil“, erklärt Prof. Zotz. „Das Blut kann in den Vorhöfen Blutgerinnsel (Thromben) entwickeln. Diese Blutgerinnsel können, vom Blutstrom mitgeschleppt, z.B. in die Hirngefäße gelangen.“ Die Folge: Schlaganfall. 20 bis 30 Prozent Hirninfarkte gehen auf Vorhofflimmern zurück. Die Einnahme von Marcumar zur Blutverdünnung empfiehlt sich heute nur noch in Ausnahmefällen. Direkte orale Antikoagulantien wie Pradaxa, Xarelto, Eliquis oder Lixiana sind unkompliziert in der Einnahme und gelten als ärmer an Nebenwirkungen. Heparine in therapeutischer Form können, z.B. in der Schwangerschaft, ebenfalls Mittel der Wahl sein. Ihr Arzt weiß um das für Sie individuell richtige Mittel und wird Ihnen im persönlichen Gespräch auch die Einnahme etwaiger weiterer Medikamente zur Frequenzkontrolle/-regulierung empfehlen. Betablocker zur Vermeidung von Herzrasen oder Calciumantagonisten zur Senkung des Blutdrucks kommen häufig zur Anwendung. Die im Einzelfall richtige medikamentöse Einstellung obliegt aber vielen, von Ihrem Arzt zu berücksichtigender Faktoren, sodass keine allgemein gültige Empfehlung ausgesprochen werden kann.

Vorhofflimmern lässt sich also behandeln, aber auch Heilung ist möglich. Über einen kathetergestützten minimalinvasiven Eingriff am Herzmuskelgewebe, lassen sich die elektrischen Störfeuer im linken Vorhof abstellen. Die „falschen Zündkerzen“ – wie Dr. Hügl sie nennt, werden durch Verödung ausgeschaltet. Mit mittlerweile 3.000 Operationen, darf Dr. Hügl als Spezialist auf dem Gebiet der Katheter-Ablation bezeichnet werden. Er erklärt den Ablauf der Operation wie folgt: „Zunächst wird im Computertomographen ein dreidimensionales Röntgenbild des Herzens erstellt. Es zeigt die genaue Anatomie, die bei jedem Menschen etwas anders ist. Anschließend werden dünne, flexible Drähte mit einer Metallspitze und einem hochsensiblen Sensor durch ein Blutgefäß von der Leistengegend in das Herz des Patienten geschoben. Der Sensor tastet das Herz ab und ist in der Lage, innerhalb weniger Minuten ein- bis zweitausend elektrische Signale aufzunehmen. Damit ist es möglich ein weiteres Bild vom Herzen aufzuzeichnen, auf dem die elektrischen Impulse sichtbar werden. So sehen wir sehr genau die Stellen, an denen Nervenimpulse entstehen, die zu einem unregelmäßigen Herzschlag führen“. Wenn beide Bilder übereinandergelegt werden – das geschieht mit Hilfe eines Computers und ist am Monitor zu verfolgen – kann der Kardiologe präzise die Regionen des Herzens lokalisieren, die er behandeln muss. Dieser Eingriff wird von einem Vorraum aus durchgeführt. Hier sitzt Dr. Hügl an einem Tisch mit zahlreichen Monitoren und steuert den Katheter über den Computer.

Wie hoch sind die Aussichten auf Heilung nach einer Katheter-Ablation? Fakt ist, dass Muskelfasern wieder nachwachsen können, aber Dr. Hügl verzeichnet bei 60-70% seiner Patienten einen dauerhaften Erfolg schon nach der ersten Prozedur. 70-80% Prozent sind es nach einer zweiten Prozedur. In Schweden, wo die Datenlage noch umfassender ist als bei uns, zeigt sich, dass abladierte Patienten weniger Schlaganfälle erleiden und die Vorfälle in den verbleibenden Fällen weniger schwer ausfallen. Das sind Zahlen, die klar für die Effizienz der Katheter-Ablation sprechen und Betroffenen Mut machen dürfen.

Am Ende des Vortrags im Haus Beda gesteht uns eine Teilnehmerin, dass sie eigentlich nicht habe kommen wollen. Weil das Thema Vorhofflimmern ihr Angst macht. Ihre Tochter habe sie zur Teilnahme genötigt, sagt sie und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu, dass es ihr leichter fällt den Kindern gute Ratschläge zu erteilen als solche von Ihnen anzunehmen. Jetzt ist sie froh auf ihre Tochter gehört zu haben. „Ich habe verstanden, dass die Augen vor dem Problem zu verschließen, unter dem Motto „Was ich nicht ansehe, ist auch nicht da“ keine gute Strategie ist.

 

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